Meditation

Zu einigen der schönsten Stunden in meinem Leben gehören die Zeiten, die ich mit Meditation verbracht habe. Wenn die Meditation fließt, ich eintauchen kann in die Stille, meine Gedanken sich langsam wie Wolken am Himmel verziehen und ich Gleichmut und Freude spüren kann. Nun, ganz so schön ist meine Meditationszeit meist nicht, aber immerhin manchmal. Oft brauche ich einige Zeit, um die innere Aufregung zu lösen und die Alltagsgedanken loszulassen. Manchmal ist das schwierig und ich fange sogar an, mich über mich selbst zu ärgern, dass ich nicht loslassen kann. Jeder, der sich auf den Weg der Meditation einlässt, wird diesen Schwierigkeiten begegnen. Aber es gibt viele gute Gründe dafür, dran zu bleiben.

Meditation, das Stillwerden des Geistes und eintauchen in sich selbst, ist eine Übung, die es in vielen Variationen in jeder bekannten Kultur gab und immer noch gibt. Sie ist nicht nur eine Übung, sondern ähnelt eher einer Beziehung, die wir aufbauen, einer Beziehung mit unserem Bewusstsein. Durch das Meditieren fangen wir an, nach unserer Essenz zu schauen und uns mit ihr zu identifizieren. Wir weichen die Tendenz auf, uns ausschließlich mit unserem Körper, unserem Verstand und unseren Gefühlen gleichzusetzen, und damit erfahren wir uns allmählich auf ganz natürliche Weise als Weite, als Freude und als pures Sein.

Seit einigen Jahren erforschen auch Wissenschaftler verstärkt, was Meditation an Lebenszufriedenheit bringen kann und konnten schon einiges herausfinden. Eine interessante Studie mit 5000 Teilnehmern fand z.B. heraus, dass Menschen eher niedergedrückter Stimmung sind, wenn ihre Gedanken herumirren und nicht focussiert sind. Wenn sie ganz bei einer Sache sind, egal ob es Wäsche waschen oder eine gedankliche Aufgabe ist, sind sie am zufriedensten. Die Fähigkeit zu focussieren, meiner Meinung nach eine der wichtigsten Fähigkeiten im Leben, wird bei der Meditation wirksam trainiert.

Was hat Meditation noch für eine Wirkung, außer dass sie uns mit unserem Innersten verbindet? Sie löst Stress, fördert Gleichmut und Klarheit, macht zufriedener. Es wird das Glückshormon Dopamin ausgeschüttet, mit dem körpereigenes Morphium hergestellt wird, und das wirkt beruhigend auf Geist und Körper. Durch Studien fand man auch heraus, dass durch regelmäßige Meditation das Gehirn flexibler und effizienter arbeitet. Alles in allem gibt es also gute Gründe, sich auf Meditation einzulassen.

Hier möchte ich Sie gerne dazu ermuntern, das Meditieren auf eine leichte und spielerische Art zu erforschen. Etwas zu verkrampft und ernst anzugehen bringt wenig Erfolg, macht keinen Spaß und dann lässt man es ja doch wieder bleiben. Meditation kann reiche Früchte bringen, wenn man sich erlaubt, mit den verschiedenen Techniken und Geisteshaltungen zu spielen. Seien Sie so frei, mit Leichtigkeit und Spontaneität Ihre Meditationen anzugehen. Das bedeutet nicht, dass Sie sich nicht verpflichten sollten. Eine gewisse Festigkeit der Absicht ist nötig, denn Meditation bringt nur etwas, wenn man es eine bestimmte Zeit lang und vor allem regelmäßig macht.
Tipps zum meditieren

Am Besten gehen Sie in Ihre Meditation wie zu einer Verabredung mit einem guten Freund: mit Interesse, mit Vorfreude, mit Leichtigkeit. Dann wird das Sitzen durch sich selbst eine Freude. Sie hören dem Wispern des Atems zu, Sie genießen die Ruhe und das langsame Gleiten in einen stilleren Geisteszustand. Jeder Moment kann dann voller Faszination sein.
Lassen Sie von dem Gedanken los, dass es „gute“ und „schlechte“ Meditationen gibt; jede Meditation gibt Ihnen etwas. Es gibt natürlich Zeiten, wo es mühsamer ist, sich in sich hinein zu versenken, aber auch das ist ein Prozess, durch den man hindurch geht. Bleiben Sie trotzdem dabei, und Sie werden durch das Focussieren allmählich lernen, die Verwirrtheit und Zerstreuung in Ihnen gehen zu lassen und Ihr Geist wird sich nach und nach beruhigen. Kabir, ein indischer Mystiker aus dem 15.ten Jahrhundert, sagte: Wo du auch immer bist, ist der Punkt des Anfangs.

Sie können auf einem Stuhl oder im Schneidersitz auf einem Meditationskissen sitzen; wichtig dabei ist, dass Ihr Rücken gerade ist und Sie sich möglichst nicht anlehnen. Im Liegen meditieren ist nur was für Fortgeschrittene, alle anderen schlafen in der Regel dabei ein. Fangen Sie mit 20 bis 30 Minuten an, später können Sie die Zeit auf eine Stunde verlängern. Sorgen Sie dafür, dass Sie möglichst nicht gestört werden.

Lassen Sie Ihre Aufmerksamkeit weich sein. Entspannt und weich, aber aufmerksam und mit der Absicht, voll präsent mit sich selbst zu sein. Entspannen Sie auch Ihren Körper. Sie sitzen zwar aufrecht, sollten ihn aber nicht mit zuviel Spannung halten. Langsam und bewusst in die Meditation zu gehen hilft, damit man nicht die Energie der Eile mit hinein bringt. Machen Sie sich bewusst, dass Sie meditieren, um Ihr inneres Sein zu erforschen und treffen Sie die bewusste Entscheidung, alles andere für eine Weile beiseite zu stellen.

Übrigens muss Ihr Verstand nicht völlig still sein, damit Sie den Zustand der Meditation erfahren können. Auch wenn Sie tief in Meditation sind, kann es sein, dass weiterhin Gedanken langsam auftauchen und wieder gehen. Erwarten Sie vor allem am Anfang nicht, dass Sie sofort in Gedankenstille verharren können, sonst werden Sie nur enttäuscht sein. Es braucht manchmal ein bisschen Durchhaltevermögen und Zeit, bis Sie die Qualität des Meditierens genießen können. Eine Hilfe kann es sein, vor der Meditation für einige Minuten die Klopfsequenz „Stress und zu viele Gedanken wegklopfen“ anzuwenden. Damit bereiten Sie den
Boden für die Meditation.

Zwei Meditationstechniken

Im Grunde ist es nicht so wichtig, welche Technik Sie für Ihre Meditation nutzen. Egal, welche Meditationstechnik Sie anwenden, sie wird sich letztendlich auflösen, wenn Ihre Meditation sich vertieft. Die Technik ist kein Ziel an sich, sondern ein Tor zu einem größerem Bewusstsein, wo Sie einfach präsent sind in absichtslosem Gewahrsein. Indem Sie mit verschiedenen Techniken spielen, lernen Sie sich kennen und sehen, was am besten zu Ihnen passt. Es ist aber auch völlig in Ordnung, nur bei einer Technik zu bleiben, wenn Sie Ihnen gefällt.

Der Raum zwischen den Atemzügen

Schließen Sie Ihre Augen und sitzen Sie aufrecht und entspannt. Bringen Sie Ihre Aufmerksamkeit zu Ihrem Atem und folgen Sie ihm für einige Augenblicke. Lassen Sie Ihren Atem aus der Herzregion kommen und auch wieder dorthin zurück fließen. Bemerken Sie das winzige Geräusch, den der Atem verursacht, wenn er durch Ihre Nasenlöcher aus- oder eintritt. Lauschen Sie diesem Geräusch und nehmen Sie wahr, wie es am Ende des Ausatmens oder Einatmens still wird und es eine kleine Pause gibt, einen Raum der Stille. Versuchen Sie diese Pause nicht zu erweitern, sondern bemerken Sie sie nur und lenken Ihre Aufmerksamkeit immer wieder zu dieser Stille zwischen dem ein- und ausatmen. Genießen Sie es.

Das Gefühl der Liebe

Schließen Sie Ihre Augen und sitzen Sie aufrecht und entspannt. Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit zu Ihrem Atem und folgen ihm für einige Augenblicke. Denken Sie nun an jemanden, den Sie sehr lieben oder sehr geliebt haben. Fühlen Sie sich in diese Liebe hinein, lassen Sie diese Liebe zu diesem Menschen voll auftauchen und öffnen Sie sich vollkommen dafür. Jetzt lassen Sie die Vorstellung dieses Menschen gehen und bleiben Sie bei dem Gefühl der Liebe. Lassen Sie sich durch das Gefühl der Liebe vollkommen durchdringen, fühlen Sie Liebe durch Ihren Körper fließen und dann, wenn Sie langsam davon überfließen, durch Ihre Poren nach außen in den Raum dringen. Fühlen Sie die sanfte Energie der Liebe in Ihrem Körper und Herzen und lassen Sie immer mehr Liebe entstehen, durch Sie hindurchfließen und nach außen strömen. Ruhen Sie für einige Zeit in diesem Füllhorn an Liebesenergie und genießen Sie es.

Evelyne Laye

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